Mit einer starken Wirtschaft, hohen Löhnen und vielen offenen Stellen lockt die Schweiz Arbeitnehmer aus aller Welt. Doch wie steht es um die Arbeitskultur, welche Berufe sind gefragt und welche Karrierechancen gibt es? Wir haben das Wichtigste zusammengefasst.
Arbeitsmarkt in der Schweiz
Die Schweiz zeichnet sich durch eine starke und vergleichsweise krisenresistente Wirtschaft aus. Diese wiederum erzeugt einen attraktiven Arbeitsmarkt. Eine niedrige Arbeitslosigkeit von zuletzt rund 2,4 Prozent und zahlreiche offene Stellen sorgen dafür, dass man recht leicht Arbeit findet.
Zudem wurden die Voraussetzungen für Arbeitskräfte aus dem Ausland immer weiter reduziert. Heute können Menschen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (Europäische Union plus Norwegen, Liechtenstein und Island) ohne grossen Aufwand eine Arbeit in der Schweiz aufnehmen.
In Anbetracht der sehr hohen Löhne – ebenfalls ein Effekt der starken Wirtschaft – ist eine solche Arbeit sehr attraktiv. Es verwundert daher kaum, dass die Schweiz eine hohe Anzahl an ausländischen Arbeitnehmenden anzieht! Diese sind auch dringend nötig, denn viele Stellen bleiben trotz langer Suche unbesetzt.
Herausforderungen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt
Vor allem im medizinischen Sektor, dem Baugewerbe, Detailhandel und der Gastronomie/Hotellerie gibt es deutlich mehr Arbeit als Bewerbungen. Zudem spürt auch die Schweiz den Fachkräftemangel, der nahezu alle Industrienationen plagt. In der Informatik und der Medizin ist dieser Mangel besonders stark ausgeprägt.
Eine weitere Industrie, der es an Expertinnen und Experten mangelt, ist die Uhrenproduktion. Die Branche ist fest mit dem Schweizer Image verbunden und weltweit bekannt. Dennoch blieben zuletzt knapp 7.000 Stellen unbesetzt. Wer Arbeit sucht und eine Ausbildung oder Studium im technischen Bereich abgeschlossen hat, wird also vergleichsweise schnell fündig.
Auch Faktoren wie der demografische Wandel spielen eine wichtige Rolle auf dem Arbeitsmarkt. Denn die immer älter werdende Gesellschaft muss entsprechend versorgt werden. Gleichzeitig mangelt es aber an jungen Menschen, die diese Aufgaben übernehmen können.
Die Anzahl der offenen Stellen ist sehr gross und wird sich auch in absehbarer Zeit kaum ändern: Die Zukunftsaussichten sind positiv, die Unternehmen optimistisch und ein weiteres Wachstum wahrscheinlich. Kein Wunder, dass die Schweiz bei Menschen, die Arbeit suchen, als eines der attraktivsten Ziele überhaupt gilt.
Arbeitsrecht und Arbeitsbedingungen
Die Bedingungen bei der Arbeit in der Schweiz unterscheiden sich kaum von denen in den Nachbarländern. Wenn du zum Beispiel bisher in Deutschland tätig warst und nun auf eine Stelle in einem der Kantone wechselst, wird sich nur wenig für dich ändern.
Das gilt etwa für Arbeitszeitmodelle: Wie in den meisten Ländern geht der Trend zu flexiblen Varianten. Viele Firmen ermöglichen bereits Gleitzeit und erlauben es ihren Mitarbeitenden, Beginn und Ende ihres Arbeitstages selbstständig festzulegen. Spätestens seit der COVID-Pandemie hat zudem das Homeoffice eine wichtige Position errungen. Viele Schweizer Betriebe und Behörden gelten in diesem Bereich als führend. Auch Vertrauensarbeitszeit oder ein Jahresarbeitszeitmodell, bei dem die geleistete Arbeit pro Jahr zählt, sind immer häufiger zu finden.
Vor allem junge Leute schätzen die positiven Effekte auf die Work-Life-Balance, die dadurch entstehen. Sie sind immer seltener bereit, endlose Stunden zu festen Arbeitszeiten abzuleisten. Dennoch ist anzumerken: Die Schweizer sind sehr arbeitsam! Sie verbringen deutlich mehr Stunden pro Woche auf der Arbeit als ihre Nachbarn.
Viele Arbeitsverträge sehen mehr als 40 Wochenstunden vor. Auf der Arbeit selbst geht es professionell, aber nicht übertrieben förmlich zu: Fast 90 Prozent der Firmen gaben in einer Umfrage an, dass sich ihre Belegschaft duzt.
Auch sonst sind die Unterschiede zu anderen Ländern minimal. Es gibt vergleichbare Urlaubsregelungen (vier Wochen Mindesturlaub pro Jahr, für Personen unter 20 Jahren sogar fünf Wochen) und Überstundenregelungen, bei denen eine Zusatzvergütung von 25 Prozent üblich ist.
Gesamtarbeitsverträge, das Gegenstück zu den deutschen Tarifverträgen, findet man ebenfalls. Natürlich kann man auch bei der Arbeit in der Schweiz abweichende Vereinbarungen treffen und höhere Gehälter aushandeln. Einen landesweiten Mindestlohn suchst du hier allerdings vergeblich. Einige Kantone haben jedoch auf lokaler Ebene Untergrenzen eingeführt. Aktuell sind dies:
- Genf: CHF 23 pro Stunde
- Basel-Stadt: CHF 21 pro Stunde
- Neuenburg: CHF 20.08 pro Stunde
- Jura: CHF 20 pro Stunde
- Tessin: CHF 19 pro Stunde
Ein wichtiger Teil der Arbeit ist die Pause. Das sehen die Schweizer genauso und haben Mindestzeiten gesetzlich verankert. Diese betragen 15 Minuten bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als fünfeinhalb Stunden, 30 Minuten für mehr als sieben Stunden Arbeit und 1 Stunde bei mehr als neun Stunden auf der Arbeit; in diesem Fall kann die Pause auch aufgeteilt werden.
Was es zu beachten gilt
Wer weniger als 5,5 Stunden arbeitet, hat keinen Anspruch auf Pause. Die gesetzlichen Pausenzeiten sind, wie zum Beispiel in Deutschland auch, unbezahlt. Das heisst, sie kommen bei deiner Arbeitszeit “on top”. Zusammen mit den hohen Wochenarbeitszeiten und eventuellen Zeiten für das Pendeln kann ein Arbeitstag in der Schweiz extrem lang werden. Du kannst mit deinem Arbeitgeber auch längere Unterbrechungen vereinbaren, musst das Minimum aber einhalten.
Um eine Arbeit in der Schweiz aufzunehmen, benötigen Bürgerinnen und Bürger anderer Staaten eine Aufenthaltsbewilligung. Für Menschen aus den EU-Ländern ist diese recht einfach zu bekommen; wer aus einem anderen Land stammt, hat es meist schwerer.
In jedem Fall benötigst du spätestens nach drei Monaten eine Schweizer Krankenversicherung – auch, wenn du als “Grenzgänger” aus einem der Nachbarländer zur Arbeit pendelst! Anders als in Deutschland musst du die Kosten dafür selbst stemmen, denn der Arbeitgeber beteiligt sich nicht. Die Gebühren sind jedoch insgesamt recht überschaubar, sodass keine übermässige Belastung entsteht.
Arbeitssuche und Bewerbungsprozess
Die Stellensuche ist in der Schweiz einfach: Jobbörsen wie Rocken bieten eine Fülle an offenen Positionen für alle Qualifikationsstufen und Branchen. Dabei hast du den Vorteil guter Übersicht und verschiedener Filter, die deine Suche erleichtern. Auch Möglichkeiten für ein Praktikum in der Schweiz sind hier zu finden.
Alternativ kannst du öffentliche Jobbörsen nutzen. Hast du eine interessante Stelle entdeckt, geht es an die Bewerbung. Auch hier läuft es weitgehend ähnlich wie in anderen deutschsprachigen Ländern ab.
Die Unterlagen sollten aus einem Anschreiben – auch Motivationsschreiben oder Begleitschreiben genannt – sowie dem Lebenslauf, Zeugnissen und relevanten Zertifikaten und Referenzen bestehen. Das Anschreiben legst du lose in die Bewerbungsmappe, die anderen Dokumente werden traditionell abgeheftet.
Gut vorbereitet ist halb gewonnen
Formulierungen sollten kurz und prägnant sein und alle wichtigen Punkte beinhalten, aber den Personalabteilungen nicht unnötige Arbeit machen. Absolute No-Gos sind Rechtschreibfehler und Standard-Floskeln. Bewerbende, die sich mit dem Unternehmen befasst haben und persönliche Formulierungen finden, sind klar im Vorteil.
Ausserdem gibt es einige scheinbar unwichtige formale Unterschiede. Wer sie korrekt umsetzt, zeigt gute Vorbereitung und einen Blick fürs Detail: Nach der Anrede folgt kein Komma oder sonstiges Satzzeichen. In der nächsten Zeile geht es mit einem Grossbuchstaben weiter. Achtung: Nutze für die Anrede nur im Notfall die Formulierung “Sehr geehrte Damen und Herren”. Eine persönliche Ansprache wird meist besser angesehen.
Als Schlussformel hat sich “Freundliche Grüsse” etabliert. “Mit freundlichen Grüssen” oder “Hochachtungsvoll” gelten hingegen als altbacken. Deutsche Bewerber sollten beachten, dass das “ß” in der Schweiz nicht vorkommt. Hier wird es in ein doppeltes S umgewandelt.
Auf der Suche nach Arbeit in der Schweiz ist höfliche Zurückhaltung empfehlenswert. Akademische Titel wie “MA”, “MBA” oder “Dipl.-Ing.” kann man dem Lebenslauf entnehmen. Davon abgesehen haben sie in einer Bewerbung aber nichts verloren. Auch sonst sollte man nicht zu dick auftragen und stattdessen lieber mit sachlichen, realistischen Beschreibungen und Beweisen der eigenen Fähigkeiten punkten. In diesem Kontext sind Referenzschreiben von grosser Bedeutung – sie nehmen einen höheren Stellenwert als in den Nachbarländern ein.
Berufliche Entwicklung und Weiterbildung
Die Weiterbildungsangebote in der Schweiz sind umfangreich und werden sowohl von staatlicher Seite, als auch von vielen Arbeitgebern gefördert. Sie umfassen die Zweitlehre, Berufsprüfung (BP), Höhere Fachprüfung (HFP), Höhere Fachschule (HF), Studiengänge an Fachhochschulen (FH), Pädagogischen Hochschulen (PH), Universitären Hochschulen (UH) sowie Nachdiplomausbildungen. Zudem gibt es eine Fülle an Weiterbildungskursen und Lehrgängen, die meist einen Bezug zur jeweiligen Arbeit besitzen.